Dividendenaristokraten: Was ist das, wann lohnt es sich, was gibt es zu beachten?

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Langfristanleger stehen wie jeder andere Börsenteilnehmer auch vor einer fast unüberschaubaren Anzahl von Strategien und Theorien, anhand derer das Geld investiert werden kann.

Dabei steht immer das Ziel der Vermögensmaximierung über einen Zeitraum von mindestens 10, eher 30 Jahren im Vordergrund.

Eine dieser Optionen ist die Investition in sogenannte Dividendenaristokraten.

Ich habe die Frage in einigen Gruppen eine Frage zu Dividendenaristokraten gestellt. Mir war klar, dass es Befürworter und Kritiker von Dividendenstrategien gibt. Mit der Wucht der Reaktionen (das meine ich durchaus positiv) habe ich aber nicht gerechnet.

Aber was ist eigentlich ein Dividendenaristokrat, welche Überlegungen stecken hinter dieser Strategie und was gibt es dabei zu beachten?Das möchte ich in diesem Beitrag diskutieren.

Kurz vorweg: Ich kann meine Gedanken und die Zusammenhänge hier immer nur grob umreißen. Wenn ihr Fragen zu einzelnen Themen habt oder wenn es Fragen zu ganz anderen Themen rund um die langfristige Geldanlage gibt, bitte stellt mir diese hier unter dem Beitrag. Ich werde dann gerne genauer darauf eingehen und / oder einen Beitrag speziell zu dem Thema veröffentlichen.

Definition

Es gibt unterschiedliche Definitionen von Dividendenaristokraten. Dabei wird oft gefordert, dass Dividenden nie gesenkt wurden. Ich halte diese Definition nicht für sinnvoll. Denn gerade die Coronakrise zeigt uns, dass auch sehr solide wirtschaftende Unternehmen unter Umständen in Schwierigkeiten kommen können. Dann ist es im Rahmen eines strategisch sinnvollen Managements auch manchmal notwendig, Dividenden zu kürzen. Gute Unternehmen werden nicht deshalb weniger gut, dass sie in Ausnahmesituationen ihre Liquidität schonen. Im Gegenteil. Das kann für das weitere Wachstum sogar strategisch enorm sinnvoll sein.

Für mich ist deshalb entscheidend, ob ein Unternehmen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im langfristigen Mittel konstante oder steigende Dividenden zahlen wird.

“Dividendenaristokraten sind Unternehmen, die über mehrere Jahre hinweg stets Dividenden gezahlt und diese regelmäßig erhöht haben.Die Dividenden wurden nur in Krisenfällen gesenkt oder ausgesetzt und danach schnell wieder auf das Vorkrisenniveau angepasst.”

Dividendenaristokraten zeichnen sich also vor allem durch ihre langfristige und regelmäßige Dividende aus.

Welchen Vorteil bieten Dividendenaristokraten?

Sicherheit
Dividendenaristokraten bieten die (scheinbare) Sicherheit von relativ planbaren regelmäßigen Dividenden. Diese Sicherheit ist in Wahrheit natürlich relativ trügerische, denn einen Anspruch auf Dividenden hat ein Anleger / Anteilseigner eines Unternehmens nicht.

Im Gegensatz zu Unternehmen, die erst seit wenigen Jahren Dividenden zahlen und zu Unternehmen, die ihre Dividenden nicht regelmäßig und konstant zahlen, verfügen Dividendenaristokraten aber über eine gewisse Historie, die das Vertrauen aufbaut, dass auch in Zukunft weiter mit Dividendenzahlungen gerechnet werden darf. Nicht zuletzt sorgt das Streichen oder Reduzieren von Dividenden für den Wegfall des Titels eines Dividendenaristokraten. Schon die Tatsache, dass es eine signifikante Anzahl Anleger gibt, die ausschließlich in Dividendenaristokraten investieren, schafft deshalb einen gewissen Druck auf die Unternehmen auch in Zukunft weiterhin Dividenden zu zahlen.

Cashflow für Rebalancing / strategische Nachkäufe
Die regelmäßigen Auszahlungen in Form von Dividenden können vom Anleger dazu genutzt werden, das Portfolio zu rebalancen ohne dafür Depotpositionen verkaufen zu müssen. Darüber hinaus stehen durch die Dividenden regelmäßig Gelder zur Verfügung, die es ermöglichen in Zeiten günstiger Kurse Aktien nachzukaufen.

Unternehmertum
Nicht zuletzt sind Dividenden die grundsätzliche Motivation in Aktien zu investieren. Wer Unternehmensanteile kauft, tut dies normalerweise mit dem Ziel als Unternehmer am Gewinn der Gesellschaft beteiligt zu werden. Die potenzielle vom Markt festgelegte Wertentwicklung der Anteile spielt dabei nur eine Rolle, weil sie die Zukunftsaussichten des Unternehmens widerspiegelt. Die zukünftig erwartete Dividende wird also auch über die Kursentwicklung der Aktie abgebildet. Der Unternehmer will aber seinen Lebensunterhalt nicht aus Wertsteigerungen des Unternehmens decken, sondern aus Gewinnausschüttungen.

Was spricht gegen eine Investition in Dividendenaristokraten?

Keine Outperformance
Studien zeigen, dass Dividendenportfolios per Saldo nicht besser performen als Portfolios von Unternehmen, die keine Dividenden ausschütten. Ausgeschüttete Dividenden werden am Tag nach der Ausschüttung vom Aktienkurs subtrahiert. Demnach schaffen Dividenden keinen Mehrwert im Vermögen des Anlegers.
vgl. The Dividend Disconnect

Die Kursverluste aus Dividenden werden zwar bis zur nächsten Dividende i.d.R. ausgeglichen. Aber bei Betrachtung einer hinreichend großen Menge von Aktien ist die Kursperformance von nicht ausschüttenden Aktien um den gleichen Wert höher, den ausschüttende Aktien in Form von Dividenden an ihre Anteilseigner ausgeschüttet haben.

Kein Zinseszinseffekt
Durch die Ausschüttung der Dividenden steht das Geld zudem im Moment seiner Ausschüttung nicht mehr für das Schaffen weiterer Kursgewinne zur Verfügung. Nur durch aktives Reinvestieren der Dividende durch den Anleger ist so ein Zinseszinseffekt realisierbar.

Wann ist eine Investition in Dividendenaristokraten sinnvoll?

Wie oben bereits beschrieben, spricht in der Theorie nichts für eine Investition in Unternehmen, die hohe Dividenden ausschütten. Markus Kohler hat es heute noch folgendermaßen beschrieben: “Dividenden sind per Definition ein Nullsummenspiel. Ob der Gewinn in der Aktie bleibt oder ausgeschüttet wird – der wert ist der Gleiche.”

Deckung der regelmäßigen Ausgaben aus Aktienvermögen
Langfristanleger, die auf Sicht von Jahren ihren Lebensstandard aus der eigenen finanziellen Unabhängigkeit decken wollen oder müssen, benötigen aber früher oder später eine gewisse Planbarkeit in ihren Einnahmen aus Aktien.

Diese Planbarkeit lässt sich mit Dividendenaristokraten deutlich besser herstellen als mit Aktien von Unternehmen, die keine Dividenden ausschütten. Bei solchen Aktien müssen die monatlichen Ausgaben aus Kursgewinnen der Aktien gedeckt werden. Dafür wird ein Auszahlungsplan erstellt. Es müssen also regelmäßig Aktien verkauft werden. Dies ist besonders in Zeiten, in denen die Kurse tief stehen nicht sinnvoll und besonders schmerzhaft. Denn in solchen Phasen verkauft man bestehende Werte zu einem “Schrottpreis”. Bei tief stehenden Kursen, also in einem Crash werden dann größere Anteile des Depots verkauft, als es planmäßig vorgesehen war. Die Zeit, bis zum “Ende des Depots” verkürzt sich damit drastisch.

Nachteil eines Auszahlungsplans
Ich persönlich habe schon deshalb Schwierigkeiten mit der Vorstellung, meinen Lebensunterhalt über einen Auszahlungsplan zu decken, weil ich mir nicht ausrechnen möchte, wie lange ich leben darf, um mir einen definierten Lebensstandard bis zum Ende leisten zu können.

Die Verfügbarkeit von ausreichenden regelmäßigen Einnahmen aus Dividenden ist deshalb spätestens zum Renteneintritt aus meiner Sicht die einzige sinnvolle Methode, um ohne finanzielle Sorgen und ohne die Gefahr Werte zu einem zu günstigen Preis zu verkaufen, die eigene finanzielle Freiheit decken zu können.

In der Ansparphase nur bedingt sinnvoll
Vor dem Renteneintritt, bzw. solange der Lebensunterhalt nicht aus Unternehmensbeteiligungen (Aktien) gedeckt werden muss, ist das Investieren in Dividendenaristokraten nicht unbedingt sinnvoll. Denn die ausgeschütteten Dividenden stehen nicht direkt zum Schaffen weiterer Werte oder Kursgewinne zur Verfügung. (siehe dazu auch: “Was macht für den langfristigen Vermögensaufbau mehr Sinn? Thesaurierer oder Ausschütter?”

Aber dennoch gibt es Phasen, in denen das Aufbauen eines ersten Teilbestands an Dividendenaristokraten schon vor dem Renteneintritt sinnvoll ist.

Dividendenaristokraten schütten relativ konstante Dividenden aus. Diese Dividenden werden in absoluten Zahlen bemessen. Wie hoch die Dividendenrendite ist hängt also vom jeweiligen Aktienkurs ab. Der Trend scheint zu sein, dass Aktienkurse langfristig immer weiter steigen. Auf Grund der Niedrigzinspolitik, die auf absehbare Zeit, also möticherweise auch in den nächsten Jahrzehnten, nicht enden wird, steigen Aktienkurse im Allgemeinen immer höher. Die KGVs der Aktien werden demnach ebenfalls immer höher. (Bei immer geringeren Zinsen auf alternative Anlagen, wie Anleihen oder Kredite ist dies auch gerechtfertigt. Bei Fragen dazu, bitte einen Kommentar hinterlassen.)

Die Dividendenrendite sinkt deshalb ebenfalls kontinuierlich. Es ist also sinnvoll, in Zeiten von allgemein niedrigen Aktienkursen den Aufbau eines Dividendenaristokraten Portfolios zu beginnen. Denn in diesen Zeiten sind die Dividendenrenditen verhältnismäßig hoch.

Exkurs
Am 03.04.2020 liegt die erwartete Dividendenrendite (auf Basis des letzten Kurses und der zuletzt gezahlten Dividende) von BASF bei über 7%. Die erwartet Dividendenrendite von BMW ebenfalls. Coca Cola zahlt beinahe 4% Dividende.

Es ist zu erwarten, dass diese Unternehmen ihre Dividenden in Zukunft weiter steigern werden. Langfristig sind also 10% oder mehr Dividendenrendite, bezogen auf den aktuellen Kurs realistisch.

Diese Unternehmen haben aber in den letzten Wochen, wie fast alle Aktiengesellschaften einen Kursverlust von 20%-30% erlitten. Die 2019er Dividende von Coca-Cola lag bei knapp 3%. Die Dividendenrendite von BMW lag bei 3,5%.

Im Moment sind die erwarteten Dividendenrenditen also 40% – 100% höher also noch vor wenigen Wochen.

Wer also über den Aufbau eines Portfolios mit Dividendenaristokraten nachdenkt, sollte Zeiten von allgemein niedrigen Börsenkursen nutzen.

Für Dividendeninvestoren zählen nicht die Aktienkurse. Es zählen die Dividendenrenditen bezogen auf den Einstandskurs.

Niedrige Kurse auf Grund einer allgemeinen Kursschwäche, die nicht auf interne Probleme der jeweiligen Unternehmen zurückzuführen sind, erhöhen also den intrinsischen Wert eines Dividendenportfolios.

Wer heute 50% mehr Dividendenrendite erwarten kann, als zuvor (bspw. 6% statt 4%) kann mit 33% weniger Investitionskapital (bspw. 500.000€ statt 750.000€) die gleiche absolute Rendite (im Beispiel 30.000€) erwirtschaften. Mit anderen Worten: Das Vermögen, das nötig ist, um in der Rente einen definierten Lebensstandard zu halten, ist dann heute deutlich geringer also vor einigen Wochen.

Derartige Situationen sind nicht alltäglich. Im Jahr 2000 ergab sich eine solche Chance, im Jahr 2008/2009 und im Jahr 2011 ebenfalls. 2020 ist wieder eine Gelegenheit. Ob die Kurse im Jahr 2020 noch weiter fallen, oder nicht ist offen. Zum aktuellen Zeitpunkt ist noch nicht klar, was in den nächsten Monaten zu erwarten ist.

Quelle: https://www.ariva.de/dax-index/chart?indicator=None&savg=0&type=Close&grid=1&grid=0&compare=None&resolutionInfo=60&boerse_id=12&volume=1&volume=0&band=None&events=None&t=all&scale=log&typ=ind&avgType1=None&resolution=auto&avgVal1=0&antiAlias=1&antiAlias=0&displayHighLow=0

Je nach Anlagehorizont werden sich auch in Zukunft noch Chancen ergeben, um vor Beginn der Lebensphase der finanziellen Unabhängigkeit in ein Portfolio aus Dividendenaristokraten umzuschichten.

Es weiß aber niemand, wann die nächste Gelegenheit sein wird. Das Nutzen einer solchen Chance, für das Aufbauen erster Positionen ist deshalb meiner Meinung nach eine Überlegung wert.

Wie sollte ein Dividendenportfolio aussehen

Wie immer an der Börse gilt es auch bei Dividendenportfolios, Klumpenrisiken zu vermeiden. Eine möglichst breite Diversifizierung über Branchen und Regionen hinweg ist deshalb auch bei einer Anlagestrategie in Dividendenaristokraten unerlässlich.

ETFs bieten den Vorteil, dass diese automatisch nach den Regeln des zu Grunde liegenden Indexes Unternehmen aufnehmen und solche aus dem Portfolio entfernen, welche die Bedingungen für Dividendenaristokraten nicht mehr erfüllen.

Darin kann allerdings auch ein Nachteil von ETFs gesehen werden. Mir persönlich ist leider derzeit kein ETF bekannt, der Dividendenaristokraten nach meiner Definition (Aussetzen der Dividende in Krisenzeiten ist möglich) und über verschiedene Regionen gestreut abbildet. Nach klassischer Definition kommen fast alle Dividendenaristokraten aus den USA, was ein starkes regionales Klumpenrisiko darstellt. Zudem sind auch günstige ETFs immer noch teurer als Aktien, die keine laufenden Kosten aufweisen.

Ich persönlich bevorzuge deshalb die individuelle Auswahl von Aktien, die meine Definition von Dividendenaristokraten erfüllen. In diese Unternehmen investiere ich in Zeiten von starken, exogen induzierten Kursrücksetzern und halte sie langfristig. Nur, wenn die grundsätzliche Perspektive eines solchen Unternehmens negativ ist, kommt ein Verkauf der Aktie infrage. Kurz- und mittelfristige Kursverluste sind demnach kein Grund einen Dividendenaristokraten zu verkaufen.

Fazit

Dividendenstrategien sind nicht der heilige Gral unter den Anlagestrategien. Wenn die Investition in Dividendentitel in Betracht gezogen wird, sollte der Fokus aber auf jeden Fall auf solche Titel gelegt werden, die eine lange und möglichst stabile Dividendenhistorie aufweisen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit in Aktien von Unternehmen zu investieren, die auch in Zukunft eine verhältnismäßig hohe Sicherheit bzgl. der Zahlung von Dividenden aufweisen.

Starke Kursrücksetzer, die nicht auf Probleme des jeweiligen Unternehmens zurückzuführen sind, können geeignete Zeitfenster sein, um langfristig ein Portfolio aus Dividendenaristokraten aufzubauen. Dies kann helfen in Zukunft, in der man auf regelmäßige Einnahmen aus dem Aktienportfolio angewiesen ist, ohne einen Auszahlungsplan den erreichten Lebensstandard zu halten.

Mein Tipp an euch

Sucht nach Chancen in jeder Marktphase.
Kennt eure Strategie und handelt danach!
Achtet auf gute Diversifizierung!

NEVER FOMO!

Ich freue mich auf eure Kommentare, Fragen und Anregungen.Deine Frage beantworte ich dir gerne in einem persönlichen Gespräch. Kontaktiere mich einfach per facebook messenger, Email oder telefonisch.

Viele Grüße,

David

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