Markteffizienztheorie vs. Effizienzmarkthypothese: Was ist das und was ist davon zu halten?

Die Effizienzmarkthypothese besagt, dass jedem Teilnehmer eines Marktes jederzeit alle Informationen zur Verfügung stehen und dass deshalb kein Marktteilnehmer einen Wissensvorsprung haben kann, den er / sie gewinnbringend einsetzen kann.

„Als Kapitalmarkteffizienz i.e.S. kann die Informationseffizienzhypothese, zurückgehend auf Eugene F. Fama (1965), angesehen werden. Ein Kapitalmarkt ist in diesem Sinne bez. einer Informationsmenge effizient, wenn basierend auf diesen Informationen durch Anlagestrategien keine dauerhaften Gewinne (Überrenditen) zu erzielen sind. Dies erfordert die unverzügliche Einpreisung neuer Informationen in den Marktpreis und impliziert die Unmöglichkeit von Prognosen über zukünftige Kursverläufe auf Basis dieser Informationsmenge.“

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/effizienz-des-kapitalmarkts-36070/version-259537

ℹ️ Auf den Aktienmarkt bezogen bedeutet das, dass jede Aktie zu jedem Zeitpunkt genau zu ihrem fairen Wert gehandelt wird. Es ist demnach nicht möglich durch eine geschickte Aktienauswahl den Markt zu schlagen. Die Theorie wurde von Eugene Fama aufgestellt, der dafür mit dem Wirtschaftsnobelpreis geehrt wurde.

? Auf den Annahmen des Modells basieren die Argumente derer, die einen buy & hold Ansatz propagieren und zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass die genannte Schlussfolgerung korrekt ist.

✅ Es ist für die allermeisten Anleger nicht möglich, langfristig den Markt zu schlagen. Selbst diejenigen, die dies in einigen Jahren schaffen, pendeln sich langfristig im Marktdurchschnitt ein. Diesen Effekt nennt man Regression zur Mitte.

Dennoch kommen immer wieder Argumente auf, die versuchen die Effizienzmarkthypothese zu widerlegen.

In erster Linie greifen diese bei den Faktor Prämien, also der Möglichkeit bspw. mit Value Aktien eine Überperformance zu erzielen an, so wie bei der Argumentation, dass Anlegen eben nicht rational handeln.

1️⃣ „Wenn die Aktienmärkte so effizient sind, wieso funktionieren dann Faktor Prämien wie Momentum, Low Volatility, oder Value? Benjamin Graham und Warren Buffet haben über Jahrzehnte bewiesen, dass Value Investing den Markt schlägt.“

2️⃣ „Wir wissen alle, dass es so viele Menschen gibt die auch einfach auf Gut Glück, oder wegen Sympathie und subjektiven EInschätzungen eine bestimmte Aktie X kaufen.“

Was ist also von der Effizienzmarkthypothese und den Gegenargumenten zu halten?

ℹ️ Wie jedes Modell bildet auch die Markteffizienztheorie die enorme und im Detail nicht überschaubare Komplexität des Preisfindungsprozesses vereinfacht ab.

Beispiel Faktorprämien

Faktorprämien zielen auf Ineffizienzen in der Realität ab, die sich mit der Markteffizienztheorie eben nicht erklären lassen. Value Aktien sind Werte, die aus einem Mangel an Informationen oder weil eben die Anleger in letzter Zeit die entsprechende Aktie eben nicht rational gehandelt haben, zu einem bestimmten Zeitpunkt relativ günstig am Markt gehandelt werden. Die Überperformance, die sich mit diesen Werten langfristig erzielen lässt, kann man allerdings mit der Effizienzmarkthypothese gut erklären. Denn langfristig werden alle Informationen wieder in den Aktienwert eingepreist. Die Masse der Anleger zahlt dann den rational betrachtet fairen Preis für die Aktie. Die Anleger, die frühzeitig investiert haben, realiseren dadurch ihre Faktorprämien.

Low Volatility Aktien sind solche, die in Zeiten von starken Kursschwankungen weniger stark einer Preisschwankung unterliegen, als der breite Markt. Anleger haben also ein sehr starkes Vertrauen in diese Werte. Auf Grund der geringeren Kursabschläge in Zeiten von Korrekturen, müssen diese Werte dann in eher euphorischen Börsenphasen weniger stark steigen, um langfristig die gleiche Performance aufzuweisen. Die Überperformance solcher Werte lässt sich deshalb mglw. vor allem in „nervösen“ Zeiten und zum Beginn einer Aufwärtsbewegung beobachten.

Das bedeutet nicht, dass die Markteffizienztheorie grundsätzlich falsch ist. Sie versucht jedoch eben gerade nicht, einzelne Details zu betrachten, sondern die Entwicklung des Gesamtmarktes langfristig einzuordnen. Faktorprämien hingegen versuchen Teilmärkte zu erklären.

Beispiel rational handelnde Anleger

Dass Anleger einzeln und kurzfristig nicht rational handeln ist unstrittig. Jedes Modell muss Annahmen zu Grunde legen. Die Markteffizienztheorie sagt, dass die Masse der Anleger langfristig rational handelt. Deswegen lassen sich langfristige Kursentwicklungen als rational begründet annehmen. Kurzfristige Kursentwicklungen, insbesondere die einzelner Aktien lassen sich damit nicht erklären.

Es gibt Trader, die versuchen psychologische Effekte an der Börse zu nutzen. Ein Unternehmen, dass ein besonders gutes Image hat, dass eine reichweitenstarke Werbekampagne publiziert, oder dass ein Trendthema bedient, wird von Anlegern positiver wahrgenommen, als ein altes seit Jahrzehnten etabliertes „langweiliges“ Geschäftsmodell.

?Die Tesla Aktie ist zu Beginn des Jahres 2020 ein extrem gute Beispiel dafür. Das Unternehmen hat ein gutes Image, bedient einen Markt, den sich viele als großen Zukunftsmarkt wünschen, hat einen charismatischen Geschäftsführer, der gerne große Ankündigungen macht und hat zudem erste unternehmerische Erfolge vorzuweisen.
Das ist eine Gemengelage, die einen Teil der Anleger euphorisch werden lässt. Das kann schnell eine Lawine lostreten, zu der dann aus ersten positiven Nachrichten bald noch FOMO-Effekte (Fear of missing out) hinzukommen. Senkrechte Kursanstiege und aberwitzige Bewertungen kommen dann kurzfristig schonmal vor.
Langfristig und planbar sind solche Effekte aber nicht.

FAZIT:

Modelle versuchen einen klar definierten Bereich eines Gesamtsystems unter Annahme einiger Bedingungen zu erklären. Sie haben nie den Anspruch die Realität in ihrer Gesamtheit und Komplexität vollständig zu erläutern.

An den Finanzmärkten lassen sich Renditen theoretische Überrenditen durch das Ausnutzen von „Reibungen“, Ineffizienzen und im Modell nicht beachteter Details erzielen.

Welche Anlagestrategie deshalb für den Einzelnen langfristig sinnvoll, ideal und durchführbar ist, hängt davon ab, inwieweit der Anleger die Annahmen des Modells für sich nutzen kann und die Bedingungenn unter denen das Modell gilt versteht.

Die Effizienzmarkthypothese versucht eine allgemeine und langfristige Beschreibung des Gesamtmarktes. Sie ist deshalb sehr einfach zu verstehen und besitzt eine allgemeine Gültigkeit. Andere Modelle und Theorien, die sich mit anderen Aspekten, Teilmärkten, kürzeren Zeiträumen o.ä befassen sind deshalb nicht richtiger oder falscher. Ihnen liegen andere Annahmen und Betrachtungsräume zu Grunde. Sie sind deshalb oftmals komplexer und schwieriger in konkrete Handlungen zu übersetzen.

Die Modelle stehen jedoch in keiner Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich. Wie seht ihr das?

Ich freue mich auf eure Kommentare, Fragen und Anregungen.

Viele Grüße,

David

PS: Kommt gerne auch in meine Facebook-Gruppe für langfristige Geldanlage. Alle Assets sind willkommen, solange seriös darüber diskutiert wird 😉

Ein Gedanke zu „Markteffizienztheorie vs. Effizienzmarkthypothese: Was ist das und was ist davon zu halten?“

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