Hinweis: Ich kann meine Gedanken und die Zusammenhänge hier immer nur grob umreißen. Wenn ihr Fragen zu einzelnen Themen habt oder wenn es Fragen zu ganz anderen Themen rund um die langfristige Geldanlage gibt, bitte stellt mir diese hier unter dem Beitrag. Ich werde dann gerne genauer darauf eingehen und / oder einen Beitrag speziell zu dem Thema veröffentlichen.
Ganz kurz vorweg noch etwas über mich:
Ich will durch systematisches, effizientes und fleißiges Arbeiten langfristig erfolgreich im E-Commerce und Tourismus tätig sein. Dies versuche ich zu erreichen, indem ich
1. Zusammenhänge verstehe
2. Prozesse ständig hinterfrage und nach dem Prinzip des KVP optimiere / automatisiere
3. Erfolgreiche Handlungen repliziere
Daraus leite ich meine Handlungen ab. Alles was ich hier oder an anderer Stelle schreibe, dient diesem Ziel. Ich habe in den vergangenen Jahren mehrere Projekte im E-Commerce und Tourismus aufgebaut und erfolgreich geführt. Das unterscheidet mich von vielen anderen Bloggern / Beratern / Coaches, die oft über Dinge reden, die sie selber noch nie erfolgreich angewandt haben. Gerne teile ich meine Erfahrungen und Kenntnisse mit jedem, der ähnliche Ziele hat wie ich und bereits ist, diese durch systematisch Arbeit, statt durch Floskeln zu erreichen.
Welchen Einfluss nehmen Zentralbanken auf die Wirtschaft und die Aktienkurse?
Bei extremen gesamtwirtschaftlichen Rückgängen, wie es bspw. in den Jahren 2008/2009 der Fall war hat es sich bewährt, die Wirtschaft mit “frischem Geld” zu stützen. Diese Maßnahmen können, wenn sie richtig dosiert werden, weitreichende und schlimme Auswirkungen auf die Gesellschaft verhindern.
Sie schaffen Zeit und Handlungsspielraum, um den Patient “Wirtschaft” zu heilen. Aber diese Medizin kann auch überdosiert werden.
Was hat es mit Anleihenkaufprogrammen, Nullzinspolitik, staatlichen Garantien und anderen fiskalpolitischen Maßnahmen auf sich?
Welchen Nutzen haben sie und welche Gefahr birgen sie?
Darum soll es in diesem Beitrag gehen.
Zusammenfassung
Das wird wieder ein längerer Text. Deshalb hier eine Zusammenfassung:
Den Zentralbanken stehen verschiedene Mittel zur Verfügung, um im Falle von starken wirtschaftlichen Verwerfungen einzugreifen und zu unterstützen.
Allerdings stehen diese Maßnahmen oft in einem Zielkonflikt mit der primären Aufgabe der Zentralbanken, dem Sicherstellen der Preisstabilität. Zudem verlieren die Möglichkeiten ihre Wirkung, wenn sie zu lange eingesetzt und somit als “normal” erachtet werden. Nebenwirkungen, wie das Schaffen von sog. Zombieunternehmen, das Unterbinden des zyklischen und notwendigen Prozesses der schöpferischen Zerstörung, Blasen am Aktien- und Anleihenmarkt und die Abkehr von der Geldwertstabilität werden durch die Maßnahmen in Kauf genommen. Diese negativen Auswirkungen können, wenn sie nicht in Boomphasen korrigiert werden, die Auswirkungen folgender Rezessionen erhöhen.
Wozu dienen Finanzspritzen?
In Wirtschaftskrisen verdienen Unternehmen weniger Geld als in Boomzeiten. Das bedeutet, dass Unternehmen möglicherweise Schwierigkeiten bekommen, ihre Lieferanten zu bezahlen und Kredite zu tilgen. Die Unternehmen geraten dann unter Umständen in eine existenzbedrohende Situation und müssen mglw. Insolvenz anmelden.
Wenn sehr viele Unternehmen gleichzeitig in eine solche Situation kommen, kann dies eine gefährliche Kettenreaktion und einen nicht mehr aufzuhaltenden negativen Kreislauf auslösen. Denn es kann zu einer sprunghaft ansteigenden Arbeitslosigkeit führen. Wenn viele Menschen in kurzer Zeit arbeitslos werden, bricht die Konsumlust der Gesellschaft ein. Dies sorgt in der Folge für weitere Produktionsrückgänge in der Wirtschaft, weniger Verdienst der Unternehmen und für weitere Insolvenzen. Diese Abwärtsspirale kommt von alleine nicht mehr zum Stehen.
Außerdem erhält der Staat weniger Geld aus Steuereinnahmen. Dadurch steht auch weniger Geld zur Verfügung, um Arbeitslose zu unterstützen und die Infrastruktur zu finanzieren etc.
Es kann sich also ein gefährlicher Kreislauf in Gang setzen, der zu einer langanhaltenden und tiefen wirtschaftlichen Depression führt.
Finanzspritzen können diesen Kreislauf unterbrechen oder sogar verhindern. Denn sie stellen sicher, dass Unternehmen schnell Geld zur Verfügung gestellt wird, mit dem sie die laufenden Kosten decken, Mitarbeiter halten und so den kurzfristigen Nachfragerückgang überstehen können.
Das schnelle und unbürokratische Verfügbarmachen von Geld durch Zentralbanken für Unternehmen und Privathaushalte schafft also notwendige Liquidität, um Arbeitsplätze zu sichern, den Konsum aufrecht zu erhalten und die Zahlung von Krediten, Gehältern und sonstigen Verbindlichkeiten zu ermöglichen.
Warum sind Notenbanken und Politik getrennt voneinander?
Die Notenbanken sind per Satzung unabhängig von der Politik. Kein Finanzminister, kein Präsident, keine Stimme des Volkes darf Einfluss auf ihre Entscheidungen nehmen. Aber warum ist das so?
Das Sicherstellen der Handlungsfähigkeit der Wirtschaft ist nur ein Teil der Aufgabe der EZB.
Das vorrangige Ziel des Eurosystems ist in Artikel 127 Absatz 1 des AEU-Vertrags festgelegt:
„Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken (im Folgenden ,ESZB‘) ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten.“
Weiter heißt es dort: „Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union […]“
Die Unterstützung der Wirtschaft ist also nur dann Aufgabe der EZB, wenn die Preisstabilität gewährleistet ist. (Im oben zitierten Text wird von ESZB gesprochen, weil es sich auf alle Zentralbanken innerhalb der EU bezieht. Er gilt also auch für Zentralbanken, die über nationale Währungen wachen, die nicht der Euro sind.)
Mit Preisstabilität wird das Sicherstellen einer Inflationsrate unterhalb eines definierten Zielwertes beschrieben. Die EZB hat diesen Zielwert bei 2,0% p.a. festgelegt.
Es ist also das primäre Ziel der EZB eine Inflationsrate von ca. 2% pro Jahr sicherzustellen. Auch alle anderen Zentralbanken haben einen ähnlichen Wert in ihren Statuten stehen.
Das Sicherstellen der Preisstabilität kann im drastischen Gegensatz zur Unterstützung der Wirtschaft mit den oben beschriebenen Maßnahmen stehen. Es ist deshalb unbedingt notwendig, dass der politische Wille oder Druck, die Wirtschaft zu unterstützen die Zentralbanken nicht dazu verleitet, die Preisstabilität zu gefährden.
Eine Klare Trennung von Politik und Entscheidungen der Zentralbank ist dafür unerlässlich.
Welche Maßnahmen gibt es?
Um die Wirtschaft mit Geld zu versorgen stehen den Zentralbanken verschiedene Mittel zur Verfügung, die seit der Bankenkrise 2008/2009 bereits exzessiv genutzt wurden. Welche sind das?
Zinssenkungen
Die Zentralbanken (EZB im Euroraum, FED in den USA, Bank of England für das britische Pfund…), also die Institute, die über die Ausgabe der jeweiligen Währung wachen und diese verantworten, verleihen Geld an Banken. Dieses Geld wird von den Banken in Form von Krediten an Unternehmen und Privathaushalte vergeben.Genauso, wie Banken Zinsen von den Kreditnehmern erhalten, verlangen auch die Zentralbanken einen Zinssatz von den Banken.
Auch Banken können sich also normalerweise kein Geld kostenlos leihen.
Durch das Absenken der Leitzinsen, also des Zinssatzes, zu dem sich Banken Geld leihen können, sinken auch die Kreditzinsen für Kreditnehmer. Denn die Banken haben weniger Kosten, die sie an die Kreditnehmer weiterreichen müssen.
Durch geringere Zinsen können sich mehr Menschen und Unternehmen einen Kredit leisten. Der Kreditrahmen der Bevölkerung und Wirtschaft steigt. Mehr Kredite sorgen in der Folge für mehr Investitionen und mehr Konsum.
Auf diese Weise können Leitzinssenkungen die Wirtschaft ankurbeln.
Damit dieses Mittel eingesetzt werden kann, müssen die Zinsen aber in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs auch wieder erhöht werden. Die “Waffe” muss sozusagen geladen werden, damit sie abgefeuert werden kann, wenn sie eingesetzt werden muss. Im Euroraum wurden die Zinsen seit der Bankenkrise jedoch nicht wieder erhöht. Sie stehen seit vielen Jahren auf dem historischen Tiefstwert von Null. Im Euroraum wird Geld also bereits seit vielen Jahren zum Nulltarif verliehen.
Quantitative Easing
Wenn das Senken der Leitzinsen nicht mehr den benötigten Effekt bringt, steht das Mittel des Quantitative Easing zur Verfügung.
Hierbei verleihen die Zentralbanken nicht weiteres Geld, sondern sie kaufen ihrerseits Anleihen und andere ähnliche Wertpapiere von Staaten oder sogar Unternehmen auf.
Das Ziel dieser Maßnahme besteht darin, durch Erhöhung der Nachfrage nach solchen Wertpapieren, Staaten und Unternehmen zu ermöglichen solche Anleihen zu einem günstigeren Zinssatz auszugeben.
Der Zinssatz auf eine Anleihe wird marktwirtschaftlich festgelegt. Das bedeutet, dass Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht gebracht werden. Wenn die Nachfrage (künstlich, durch die Nachfrage der Zentralbanken) erhöht wird, müssen Staaten und Unternehmen für ihre Anleihen einen geringeren Zins zahlen. So kann mehr Geld akquiriert und für Investitionen etc. genutzt werden.
Zudem sorgt der günstige Zinssatz auf Anleihen dafür, dass Banken ihre Kreditzinsen weiter senken. Denn Kredite stehen für Unternehmen als Alternativprodukt zu Anleihen zur Verfügung. Kreditzinsen und Anleihenzinsen stehen somit in einer Abhängigkeit zueinander.
Da die Zentralbanken kein eigenes wirtschaftliches Interesse daran haben, Anleihen zu kaufen und darüber Renditen zu erzielen, handelt es sich beim quantitave easing um einen gefährlichen Eingriff in die Marktwirtschaft. Das Prinzip von Angebot und Nachfrage wird ausgehebelt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Kauf von Anleihen durch die Zentralbanken unlimitiert stattfindet. Anleihenzinsen und Kreditzinsen stehen dadurch in keinem ausgewogenen Verhältnis zum Ausfallrisiko mehr. Dies führt zu einer Reihe weiterer Gefahren und Probleme (siehe unten). Auch dieses Mittel zur Stimulierung der Wirtschaft wirkt, neben seiner grundsätzlichen Kritik nur dann, wenn es nicht ständig und nicht in unbegrenztem Umfang angewandt wird.
Die EZB hat ihr quantitve easing Programm in der Bankenkrise 2009 begonnen und zunächst Staatsanleihen über 60mrd € im Mai des Jahres erworben. Wir erinnern uns: Zu dem Zeitpunkt war die Vergabe von Krediten praktisch zum Erliegen gekommen, weil kein Marktteilnehmer noch wusste, ob der Kreditnehmer am nächsten Tag noch existieren würde. Damals hat man mit 60 Mrd. € also einen Versuch gestartet, die Wirtschaft zu retten. Dieses Programm wurde aber nie eingestellt. Im Jahr 2015, Jahre nach der Bankenkrise, verkündete der damalige EZB Chef Mario Draghi, dass sein Institut nun über mehrere Monate Anleihen über 60 Mrd. € kaufen würde. Am 10. März 2016 wurde dieses Programm noch einmal erhöht und auf ein monatliches Volumen von 80 Mrd. € aufgestockt.
Während man im Jahr 2009 noch mit einmalig 60 Mrd. € die akut kollabierende Wirtschaft in Europa stützen wollte, waren im Jahr 2016, ohne eine in der Wirtschaft grassierende Krise, schon 80 Mrd. € pro Monat nötig, um das System am Laufen zu halten. Im Rahmen der Coronakrise im März 2020 wurde das QE-Programm auf 750 Mrd. € für 2020 erweitert.
Mehr zu Zinssenkungen und QE erfährst du hier im Video:
staatliche Sicherheiten oder staatliche Beteiligungen
staatliche Sicherheiten:
Natürlich kann auch der Staat versuchen, Banken zu motivieren mehr Kredite zu vergeben. Dazu kann er bspw. Sicherheiten für Kreditausfälle stellen oder das Zahlungsausfallrisiko ganz oder teilweise übernehmen.
In Deutschland stellt die staatliche KfW-Bank schon immer Kreditbürgschaften zur Verfügung, um damit Unternehmen bei Investitionen oder StartUps in der Gründungsphase den Zugang zu Krediten zu ermöglichen. Im Regelfall haftet die KfW für bis zu 80% der Kreditsumme. Die anderen 20% sind weiterhin Kreditausfallrisiko der Banken.
Ein KfW Kredit steht deshalb nur dann zur Verfügung, wenn sich die Hausbank des Kreditnehmers bereit erklärt, einen Teil des Kredits zu stellen.
Problematisch bei dieser Form der Bereitstellung von Liquidität ist, dass Banken in akuten Wirtschaftskrisen auch kein Ausfallrisiko von 20% der Kredithöhe tragen möchten. Denn die Gefahr, dass ein Kredit ausfällt ist in solchen Zeiten exponentiell höher, als in Boomphasen.
Während der Coronakrise im Jahr 2020 konnten Banken das Ausfallrisiko von Krediten nicht abschätzen. Denn durch den teilweisen Lockdown der Wirtschaft auf unbestimmte Zeit, war die Dauer der Umsatzeinbrüche nicht abschätzbar. Die KfW Bank war deshalb gezwungen teilweise bis zu 100% des Kreditrisikos zu tragen. Dennoch standen Bankkredite in dieser Zeit nicht in dem Maße für Unternehmen zur Verfügung, wie es notwendig gewesen wäre.
Zudem muss auch die KfW Bank in der Lage sein, die ausgefallenen Kredite zu begleichen. Als staatliche Bank muss das Geld folglich vom Staat gestellt werden. Dies geschieht konsequenterweise wieder über die Ausgabe von Staatsanleihen. So schließt sich der Kreis zum QE und den Zentralbanken.
Es verfügen auch nicht alle Länder über ähnliche Möglichkeiten, wie Deutschland sie mit der KfW hat. Die Zinsen für Staatsanleihen einiger Länder sind außerdem so hoch, dass die entsprechenden Staaten sich keine hohen Kreditbürgschaften leisten können.
In den USA vergibt die FED offenbar mittlerweile sogar direkt Kredite an Unternehmen. Mit dieser Maßnahme werden marktwirtschaftlich agierende Banken, die das Ausfallrisiko und damit die Kreditwürdigkeit von Unternehmen (theoretisch) prüfen sollen als “Zwischenhändler” ausgeschaltet. In der akuten Krise kann das sinnvoll sein. Aber auch hier gilt wieder, dass jede Medaille zwei Seiten hat. Unten dazu mehr.
staatliche Beteiligungen:
Als Alternative zu Krediten sind auch staatliche Beteiligungen denkbar. In Deutschland werden solche Maßnahmen immer wieder diskutiert und teilweise auch umgesetzt.
In der Bankenkrise wurde die Hypo Real Estate Bank verstaatlicht, um sie vor der Insolvenz und damit der Vernichtung von Spareinlagen ihrer Kunden zu retten. In der Coronakrise wurde eine Verstaatlichung der Lufthansa diskutiert.
Solche Maßnahmen stehen jedoch nur den wenigsten Unternehmen als “Rettung” zur Verfügung. Der Staat kann sich nicht an mittelständischen Unternehmen oder kleinen Betrieben beteiligen.
Zudem hat sich die (soziale) Marktwirtschaft, in der sich Staaten weitestgehend aus Unternehmen fernhalten bis Dato als die bessere Wirtschaftsform erwiesen. Staatliche Beteiligungen sind deshalb nur das allerletzte Mittel zur Rettung “systemrelevanter” Betriebe.
EXKURS: Rezessionen sind wichtig! Rezessionen sind Zeiten, in denen die Wirtschaft nicht wächst. Die Arbeitslosigkeit steigt und das Wachstum des allgemeinen Wohlstandsniveaus stagniert. Diese Phasen sind weder für die Bevölkerung noch für die Unternehmen angenehm. Denn sie gehen mit Unsicherheit und Insolvenzen einher.Solche negative Phasen gehören aber zum marktwirtschaftlichen Zyklus dazu und sie sind ein wichtiger Bestandteil des langfristigen Prozesses. Der Konjunkturzyklus beschreibt diesen Prozess:
Die Marktwirtschaft basiert auf dem Prinzip der „schöpferischen Zerstörung„. Die Theorie besagt, dass innovative Unternehmen und Branchen alte Technologien zerstören und durch neue, bessere Ansätze ersetzen. Fortschritt und Innovation können nur durch diesen Prozess geschaffen werden.
Unternehmen können nur dann langfristig existieren, wenn sie selber immer wieder diesen Prozess der schöpferischen Zerstörung mitmachen, sich neu ausrichten, innovativ sind und so kontinuierlich einen Wert schaffen. Unternehmen, die diese Fähigkeit nicht oder nicht mehr besitzen verschwinden vom Markt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass dies nichts Negatives ist. Frei gewordene Arbeitskräfte, Produktionsstätten etc. werden von anderen Firmen aufgenommen. Arbeitskräfte, die in nicht zukunftssicheren und nicht mehr wertschaffenden Positionen „festhingen“ stehen durch die schöpferische Zerstörung wieder zur Verfügung, um effizienter und für die Gesellschaft wertschaffender eingesetzt zu werden.
Rezessionen sind Phasen, in denen sich dieser Prozess der schöpferischen Zerstörung voll auswirken kann. Sie sorgen deshalb für viele Innovationen, für eine Neuausrichtung der Wirtschaft in die Zukunft und sind die Grundlage für weiteres langfristiges Wachstum. Themen wie die Digitalisierung, alternative Arbeitsplatzmodelle (home office), die Förderung erneuerbarer Energien und des european green deals und das Optimieren der weltweit dezentralisierten, lagerbestandslosen Produktion (Tendenz zur „Glokalisierung“?) stehen schon zum Zeitunkt des Verfassens dieses Textes als langfristige Gewinner und Entwicklungen der Coronakrise fest.
Es wäre fatal zu versuchen, jede Rezession im Keim zu ersticken. Denn dies würde den Innovationsprozess der Wirtschaft stoppen. Eine verhinderte Rezession schafft keine Basis für einen langfristigen Aufschwung. Sie verschiebt die zyklische Bereinigung der Märkte lediglich und erhöht die Gefahr von weitreichenden Folgen der nächsten Rezession. Denn je länger eine Rezession aufgeschoben wird, umso stärker wird das Zerstörungspotenzial.
Natürlich darf eine Rezession nicht zur Verarmung der Gesellschaft führen. Deshalb müssen betroffene Arbeitnehmer unterstützt werden. Die soziale Marktwirtschaft stellt dies sicher, indem sie Arbeitslosengeld, Qualifizierungsmaßnahmen etc. bereithält. In Deutschland stehen zudem Kurzarbeitergeld und andere Maßnahmen zur Verfügung, um tiefe Einschnitte der Wirtschaftsleistung zu glätten.
Firmen sollten aber nicht mit aller Gewalt am Leben erhalten werden. Es schadet der Wirtschaft langfristig, wenn nicht marktfähige Unternehmen immer wieder mit unterschiedlichen Maßnahmen gerettet werden. Auch hier gilt: Je öfter und je radikaler Rettungsmaßnahmen durchgeführt werden, umso größer wird der große Knall, wenn die Maßnahmen irgendwann nicht mehr wirken.
Akute extreme Rezessionen müssen abgefangen werden. Es wäre aber fatal, die reinigende und positive Wirkung dieses zyklischen und völlig normalen Prozesses komplett abzuwürgen.
Leider stehen Politiker an dieser Stelle vor einem Dilemma. Denn ihre Wiederwahl ist oft an die wirtschaftliche Situation zum Zeitpunkt der Wahl geknüpft. Eine mehrjährige Rezession oder eine hohe Arbeitslosigkeit ist deshalb der schlimmste Alptraum der Politik. Der Versuch der Einflussnahme der Politik auf die Zentralbanken und das Fordern immer größerer Hilfspakete ist deshalb aus Sicht des Politikers / der Politikerin verständlich. Sinnvoll ist es aber nicht.
Welche Auswirkungen und Nebenwirkungen haben die genannten Maßnahmen?
Alle diese Maßnahmen laufen auf den gleichen Effekt hinaus.
Es wird sehr viel Geld gedruckt.
Egal, ob sich Banken mehr Geld leihen, weil die Kosten dafür geringer sind (Leitzinssenkung), ob die Zentralbanken Anleihen kaufen, so den Kreditmarkt zusätzlich ankurbeln und gleichzeitig direkt Geld an Staaten ausgeben (QE), ob sich Staaten an Unternehmen beteiligen oder Kreditsicherheiten stellen, immer steigt die Nachfrage nach Geld rapide an.
Die Wirtschaft wird also mit “frischem” Geld aus der Notenbankpresse geflutet. Wie jedem Cent auf der Welt, wird auch dieses Geld nicht aus dem Nichts erschaffen.
Jedem Cent Vermögen steht auch ein Cent Schulden gegenüber.
Inflation
Alles Geld der Welt ist auf Kredit erschaffen. Rettungsmaßnahmen durch Notenbanken erhöhen deshalb rapide und schnell das Schuldenaufkommen der Weltwirtschaft.
Das schnelle Geld steht aber keiner stark wachsenden Wirtschaftskraft gegenüber. Der Output der weltweiten Wirtschaft wird also nicht im gleichen Maße größer, wie die Geldmenge, die im Umlauf ist.
Auf diese Weise verliert das Geld an Wert. Wenn die Wirtschaftsleistung nicht steigt, ändert sich nichts am Gesamtvermögen. Wenn aber die die Geldmenge schnell erhöht wird, bei gleichzeitig konstanten oder sogar schrumpfenden Vermögenswerten, muss man konsequenterweise in Zukunft einen höheren Betrag aufbringen, um die gleiche Leistung zu beziehen. Das ist dann Inflation. Wenn dieser Prozess sehr schnell abläuft, kommt es zu einer Hyperinflation. Das wäre also zum Beispiel dann möglich, wenn das Drucken von viel Geld nicht zum Befeuern der Wirtschaft beiträgt. Dann steht einer steigenden Geldmenge sogar weniger wirtschaftlicher Output gegenüber. Wenn sehr viel Geld auf sehr wenig Angebot trifft, steigen die Preise exponentiell an.
⚠️ Dieser Effekt konterkariert die Verpflichtung zur Sicherstellung der Geldwertstabilität, der die Zentralbanken in erster Linie verpflichtet sind.
ℹ️ WICHTIGER HINWEIS: Ich schreibe nicht, dass durch die Maßnahmen der Zentralbanken im Jahr 2020 eine Hyperinflation unmittelbar wahrscheinlich ist. Es geht hier lediglich darum, den Zusammenhang darzustellen und die potenzielle Gefahr zu erläutern. Auch die Nullzinspolitik und das QE seit 2009 haben nicht zu einer Inflation in nennenswertem Maße geführt.
Zombieunternehmen
Zombieunternehmen sind Firmen, die nicht kreditwürdig sind, aber trotzdem immer wieder finanziert werden. Diese Firmen profitieren von Rettungspaketen, die in Zeiten von starken Rezessionen geschnürt werden, um die Wirtschaft zu unterstützen. Durch das langfristige Aufrechterhalten von sehr günstigen Krediten, evtl. auch durch das Aufweichen von Kreditvergabebedingungen oder durch den Druck auf Banken, viele Kredite zu vergeben, damit das Geld der Zentralbanken in den Wirtschaftskreislauf kommt, werden die Unternehmen aber auch nach dem Ende der Rezession weiter finanziert.
Es handelt sich dann um Firmen, die eigentlich am Markt nicht mehr existieren dürften (siehe Exkurs zur Rezession, Stichwort “schöpferische Zerstörung”), die aber weiterhin produzieren.
Nach dem Ende der Rezession, also in der Phase des Aufschwungs sollten die Marktkräfte wieder übernehmen und sicherstellen, dass sukzessive nicht mehr konkurrenzfähige Unternehmen vom Markt verschwinden.
Die Mitarbeiter dieser Unternehmen müssen von der sozialen Marktwirtschaft aufgefangen und bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung unterstützt werden. Die Zombieunternehmen selber dürfen aber nicht langfristig mitgezogen werden. Denn diese Unternehmen wären dann in der nächsten (zyklischen) Rezession in einer noch stärkeren Notlage.
Blasen am Anleihen- und Aktienmarkt
Extrem niedrige Leitzinsen und der Druck auf Banken Kredite ebenfalls zu sehr günstigen Konditionen herauszugeben, zwingt Banken dazu, auch die Zinsen auf Konten der Anleger zu senken. Im Extremfall führt das sogar zu negativen Zinsen, wie es seit dem Jahr 2018 bei einigen Banken bereits der Fall ist.
Die genannten Maßnahmen drücken zudem die Renditen von Staatsanleihen und Unternehmensanleihen nach unten. Für Anleger reduziert sich dadurch die Auswahl an potenziellen Geldanlagen drastisch. Konten und Anleihen verlieren an Attraktivität. Die Gefahr einer hohen Inflation zwingt Anleger aber trotzdem ihr Geld nicht auf dem Sparkonto zu lagern.
Der Mangel an Alternativen sorgt für eine steigende Nachfrage nach Aktien und Immobilien. Die Preise für diese Anlageklassen steigen dadurch stark an.
Insbesondere die oben beschrieben Aushebelung des marktwirtschaftlichen Prinzips von Angebot und Nachfrage bei Anleihen (die Zinsen auf Anleihen spiegeln durch die künstlich generierte Nachfrage der Notenbanken das Ausfallrisiko nicht mehr wider), verschiebt die Risikobereitschaft der Anleger und zwingt zum Eingehen höherer Risiken. Das könnte bspw. der Kauf von Anleihen mit hohem Ausfallrisiko und trotzdem nur geringem Zinsertrag oder der Einstieg in Aktien und Immobilien, auch wenn diese bereits zu teuer sind.
Diese Blasen am Aktien-, Anleihen- und Immobilienmarkt platzt, wenn bspw. in einer folgenden Rezession viele Menschen schnell Geld benötigen und deshalb ihre Aktien und Immobilien verkaufen müssen.
Je höher die Preise zuvor über ihren “fairen Wert” gestiegen sind, umso stärker fallen die Kurse dann in der Folge. Anleger die dann aus Panik oder aus der Notwendigkeit heraus zu Tiefstkursen verkaufen, verlieren unter Umständen einen großen Teil ihres Vermögens / der Altersvorsorge.
Sollen die Zentralbanken also die Wirtschaft nicht retten?
In Wirtschaftskrisen und im Aufschwung ist es essenziell, dass die Zentralbanken und die Politik ihren Aufgaben gerecht werden.
In akuten Wirtschaftskrisen ist es sinnvoll und wichtig, dass die Zentralbanken der Wirtschaft schnell und tatkräftig unter die Arme greifen. Das schnelle Verfügbarmachen von Geld kann schwerwiegende Auswirkungen verhindern und der Wirtschaft Zeit und Raum verschaffen, um Missstände zu lösen.
Entscheidend ist aber, dass die Zentralbanken ihr Mandat in Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs nicht überreizen. In diesen Zeiten ist das Sicherstellen der Geldwertstabilität und das Aufbauen von Handlungsoptionen für die nächste Krise unerlässlich. Nullzinspolitik und QE dürfen nicht zum Normalzustand werden.
Die Politik muss sicherstellen, dass der freie Markt im vorgegebenen Rahmen selbstständig und effizient nicht wirtschaftlich arbeitende Unternehmen verdrängt. Davon betroffene Mitarbeiter müssen von der Politik sozial aufgefangen werden und andere Arbeitsstellen finden.
Wenn dies in Boomphasen nicht geschieht, werden die Probleme und die Fallhöhe der nächsten Rezession immer größer. Irgendwann folgt dann der ganz große Knall, mit Hyperinflation und nicht mehr zu rettenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen.
Nach der Bankenkrise 2008/2009 wurde es verpasst, sich auf die nächste Rezession vorzubereiten. Denn die Rettungsmaßnahmen von damals wurden zur Normalität. Im Jahr 2020 muss deshalb in der Coronakrise noch einmal sehr viel mehr Geld bereitgestellt werden als damals.
Die Krisen sind nicht vergleichbar. Deshalb verbietet sich auch ein Vergleich der notwendigen Beträge zur Rettung der Unternehmen. Aber es scheint klar, dass der Handlungsspielraum für Zinssenkungen im Jahr 2020 nicht gegeben war und dass die Zentralbanken, besonders die EZB, keine andere Chance hatte, als sofort mit QE Maßnahmen in historischem Ausmaß zu reagieren. Diese Maßnahmen wurden wohlgemerkt bereits angekündigt, bevor die Schäden in der Wirtschaft überhaupt abzusehen waren. Auch dies kann durchaus positiv gesehen werden, weil ein schnelles entschiedenes Einschreiten den Erfolg der Maßnahmen erhöht, es kann aber auch als erste und einzige Option angesehen werden, die wegen lange vor sich hergeschobener Probleme alternativlos war.
Ich freue mich auf eure Kommentare, Fragen, Meinungen. Gerne hier als Kommentar!
Viele Grüße,
David
PS: kommt gerne auch in meine Facebook-Gruppe für langfristige Geldanlage. Alle Assets sind willkommen, solange seriös darüber diskutiert wird ?