Ganz kurz vorweg noch etwas über mich:
Ich will sachlich, mit kühlem Kopf an der Börse langfristig Geld anlegen und meine Altersvorsorge sichern. Alles was ich denke, schreibe, tue dient diesem Ziel. Dies versuche ich zu erreichen, indem ich
- Zusammenhänge verstehe
- mögliche Konsequenzen durchdenke
- mein Anlageziel, meine persönliche Situation und meine Risikotoleranz in Einklang bringe.
Ich höre mir deshalb alle Argumente an. Ich lese die Crashpropheten genauso wie die Permabullen. Ich versuche ihre Argumente nachzuvollziehen und ins Gesamtbild einzufügen. Ich will die Extremszenarien kennen und auf jedes Szenario vorbereitet sein. Dafür ist ein solides Verständnis der Märkte und das kritische Hinterfragen von Zusammenhängen notwendig.
Immer wieder stehen Anleger vor der Frage, welche zeitliche Streuung beim Investieren an der Börse sinnvoll ist. Insbesondere Einsteiger, die ihre bis dahin auf dem Konto geparkten Sparvermögen nun investieren wollen, werden gleich zu Anfang mit dieser Frage konfrontiert. Ebenso kann ein größeres Geldgeschenk, ein Erbe oder die Gewinnausschüttung aus einer GmbH dazu führen, dass ein größerer Betrag für das Investieren zur Verfügung steht.
Ist es besser, einen Pauschalbetrag auf einmal zu investieren oder ihn über einen bestimmten Zeitraum in Raten zu verteilen?
darum soll es in diesem Beitrag gehen.
Der Cost average effect bei stückweisen Investitionen
Verfechter der Vorteile des Cost-average-effects sagen, es sei besser, schrittweise zu investieren. Die Theorie besagt, dass sie auf diese Weise weniger wahrscheinlich der gesamte Betrag unmittelbar vor einem Abschwung im Markt betroffen sein kann. Durch die Verteilung der Zukäufe am Aktienmarkt über einen längeren Zeitraum wird diese Gefahr reduziert.
Durch das regelmäßige Kaufen über einen längeren Zeitraum werden die Einstiegskurse geglättet. Es ist somit weniger wahrscheinlich, dass das gesamte Depot sehr tief ins Negative rutscht.
Obwohl dieses Argument einen gewissen Charme hat, zeigt die Forschung, dass die Investition des gesamten Betrags auf einmal, meistens zu einer Überrendite ggü. einem schrittweisen Investment führt.
Die Wissenschaft spricht ein klares Urteil
Eine Studie der Vanuard Group zeigt, dass eine Einmalinvestition eines Betrags bereits nach einer Haltedauer von 12 Monaten im Schnitt in 2/3 aller Fälle eine Outperformance ggü. einem stückweisen Investment des Betrags führt.
Dabei wurden sowohl unterschiedliche Portfoliozusammensetzungen aus Aktien und Anleihen als auch unterschiedliche Märkte untersucht. Das Ergebnis ist immer das Gleiche.
„Das ist wirklich sehr intuitiv – wenn die Märkte steigen, ist es besser, Ihr Geld sofort einzusetzen, um das Marktwachstum voll auszunutzen“, schreiben die Autoren.
Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit, dass Pauschalinvestitionen eine Outperformance erzielten, umso höher, je länger der Investitionszeitraum ist. Wenn das Geld beispielsweise über 36 statt über 12 Monate eingesetzt wurde, gewann der Pauschalansatz in 90 Prozent der Fälle.
Ken Fisher, Gründer des amerikanischen Vermögensverwalters Fisher Investments, kam in seinem Buch Debunkery zu dem Schluss, dass der Cost average effect „nur dann wirklich hilft, wenn Sie wissen, dass ein fallender Markt bevorsteht. Und wenn Sie dies genau vorhersagen können“ Darüber hinaus fallen beim regelmäßigen Investieren unter Umständen höhere Ordergebühren an, als dies bei einem Einmalinvestment der Fall ist.
Ähnlich wie in der Vanguard-Studie untersuchte das Unternehmen von Herrn Fisher 20 Jahre von 1926 bis 2009 und stellte fest, dass Kapitalinvestitionen in 69 Prozent der Fälle überlegene Renditen erbrachten.
Die Ergebnisse der Studien, die zahlreich sind, überraschen bei objektiver Betrachtung nicht. Langfristig sind die Aktienmärkte bislang immer gestiegen. (Und auch für die Zukunft ist dies, solange unser Geld- und Wirtschaftssystem bestehen bleibt, allein schon wegen der gewollten moderaten Inflation anzunehmen.)
Bei grundsätzlich steigenden Aktienkursen ist es leicht nachzuvollziehen, dass ein Investment in Aktien lieber früher als später getätigt werden sollte. Je früher eine Aktie gekauft wurde, umso länger profitiert der Anleger von den Kurssteigerungen und umso länger kann der Zinseszinseffekt greifen.
„Time in the market beats timing the market „
ist deshalb keine sinnlose Börsenfloskel, sondern statistisch belegt und bei Betrachtung einer ausreichend großen Datenmenge und eines ausreichend langen Zeitraums eindeutig richtig.
Die psychologische Komponente
An der Börse spielt aber auch die Psychologie eine wesentliche Rolle. Und die eigene Altersvorsorge sollte nicht unter Missachtung der Risikoaversion und realistischer, wenn auch statistisch eher unwahrscheinlicher Gefahren geplant und angegangen werden.
Das Investieren eines Einmalbetrags über einen längeren Zeitraum und in mehreren Tranchen und damit das Zurückgreifen auf den Cost-average effect hat sowohl psychologische als mglw. auch kurzfristige finanzielle Vorteile.
Die Gefahr, unmittelbar vor einem signifikanten Rückgang des Marktes zu investieren ist bei jeder Investition gegeben.
In der Tat sind Kapitalinvestoren kurzfristig einem höheren Abwärtsrisiko ausgesetzt. Die Autoren der o.g. Studie stellten fest, dass die Pauschalportfolios in 22,4 Prozent der 1.021 rollierenden 12-Monats-Perioden, die auf den US-Märkten untersucht wurden, innerhalb dieses Zeitraums einen Wertverlust erlitten. Portfolios, die auf den Cost-average-effect setzen, waren demgegenüber nur in 17,6 Prozent der Fälle innerhalb dieser Perioden im Minus. Dieser kurzfristige Schutz wird jedoch auf Kosten höherer langfristiger Renditen erreicht.
„Die Anleger müssen selbst entscheiden, ob es sich lohnt, das Potenzial für höhere Renditen zu verringern, wenn sie ihr Portfoliorisiko reduzieren, um Verluste und Bedauern zu vermeiden“, lautet das Fazit in der Studie.
Fazit
Wer in der Situation ist, sich zu fragen, wie eine größere Geldsumme am besten an der Börse investiert werden soll steht vor der Entscheidung den Cost-Average-Effect durch ein zeitlich gestreutes Investment auszunutzen oder den gesamten Betrag sofort zu investieren.
Der Cost-Average-Effect sorgt für eine Glättung der durchschnittlichen Einstiegskurse und reduziert dadurch nachweislich das Risiko eines kurzfristig überdurchschnittlich hohen Kursrückgangs.
Eine sofortige Einmalinvestition führt jedoch statistisch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer mittel- und langfristigen Überrendite. Der Grund ist einfach: Langfristig steigen die Aktienkurse. Um davon so viel es geht zu profitieren, ist es deshalb sinnvoll, so früh wie möglich zu investieren.
Anleger, insbesondere Privatanleger, die ihr hart erarbeitetes und angespartes Geld investieren, um davon langfristig im Alter zu profitieren sind aber keine emotionslosen Maschinen. Die Psyche darf deshalb nicht außer Acht gelassen werden. Die Entscheidung für die eine oder andere Form der Anlage ist also deshalb im Einzelnen und individuell zu treffen. Hierbei ist insbesondere die persönliche Anlagestrategie, die Risikoversion und das langfristige Anlageziel zu beachten.
Weitere Quelle zu diesem Artikel: https://www.theglobeandmail.com/globe-investor/investment-ideas/invest-gradually-or-jump-in-all-at-once-the-winner-is/article8408480/
Ich freue mich auf eure Kommentare, Fragen, Meinungen. Gerne hier als Kommentar!
Viele Grüße,
David
PS: Tretet auch meiner Facebookgruppe für die langfristige Geldanlage mit Aktien, Immobilien, Cryptos etc. bei. Wir diskutieren dort alle Fragen zum Kapitalmarkt kontrovers, aber sachlich und fair.
Disclaimer: Meine Beiträge spiegeln meine persönliche Meinung und Einschätzung wider. Ich gebe keinerlei Handlungsempfehlung ab und meine Beiträge sind keinesfalls als Aufforderung zum Kaufen oder Verkaufen irgendeines Wertpapieres zu verstehen!